Abschied für immer

Abschied für immer

Im Januar 2011 ist mein Papa gestorben. Sein Weg in die andere Welt war nicht leicht. So gerne wollte er noch ein wenig weiterleben, bei uns bleiben. In dieser Zeit haben wir so viel gelernt, über und für das Leben. Was ist wirklich wichtig, auf was kommt es an, was macht überhaupt Sinn.

 

Vatertag

Gestern habe ich im Radio zum Vatertag einen Aufruf gehört. Jeder der mag, soll anrufen und sagen für was man seinem Vater besonders Dankbar ist. 

 

Angerufen habe ich nicht, aber ich nehme es als Anlass hier meine persönliche Abschiedsrede für meinen Papa mit euch zu teilen. 

 


Abschiedsrede

Lieber Papa!

 

Mama, Brigitte, Mario und Sarah, Ich, Markus, Moritz und Luca und alle Angehörigen, Freunde und Bekannte sind zusammengekommen, um Dir gemeinsam auf Wiedersehen zu sagen.

 

Nichts anderes fällt uns im Leben so schwer, wie von einem geliebten Menschen endgültig Abschied zu nehmen.

 

Dein Tod lässt uns innehalten, uns darüber nachdenken, was Du jeden einzelnen von uns vermittelt und gegeben hast.

 

Für mich warst Du immer ein Vater, der mir tröstend und auch hilfreich zur Seite gestanden ist.

 

Als ich als kleines Mädchen böse Hexen unter meinem Bett hatte, hast du mich nicht ausgelacht, sondern einfach nachgesehen, ob da wirklich welche sind und als eine Lehrerin mal meinte, irgendwas stimmt mit mir nicht so ganz, hast du das eher von der Lehrerin geglaubt.

 

Später wollte ich Laubsägearbeiten machen. Du hast mir gezeigt wie es geht, mich allein weiter wergeln lassen und gesagt: "Petra, wenn du nicht mehr weiter weißt helfe ich dir." Das gleiche gilt auch für andere Dinge, z.B. ein neuer Anstrich für das Kinderzimmer, Fliesenlegearbeiten oder auch Lohnsteuerausgleich und Briefe schreiben. Nie kam von dir: "Das kannst du sowieso nicht!"

 

Ich empfinde das als großen Vertrauensbeweis. 

 

Auch wenn ich manchmal schwierig war, hast Du mir nie das Gefühl gegeben, deinen Erwartungen nicht zu entsprechen, sondern so richtig zu sein, wie ich bin. Meine Schwester Biggi empfindet das für sich genauso. 

 

Dafür bin ich Dir sehr, sehr Dankbar. 

 

In den letzten Jahren, als Du so krank wurdest, hast Du uns viel über das Leben, dass lebenswerte Leben für jeden einzelnen und über das Sterben und den Tod nachdenken lassen. Ich bin zu dem Schluss gekommen, wir sollten den Tod nicht als Feind ansehen, sondern als treuen Begleiter, von Anfang bis zum Ende.

 

Auch dafür bin ich Dir sehr Dankbar. 

 

Wir haben geglaubt Du hast uns nicht nur gut auf das Leben vorbereitet, sondern auch auf deinen Abschied. Jetzt, wo es soweit ist, wir endgültig von dir Abschied nehmen müssen ist doch alles anders. Trauer und Hilflosigkeit überwältigt uns. Ein Teil von uns ist mit Dir gegangen, aber ein noch größerer Teil von Dir bleibt in uns. 

 

Du bist nun auf der anderen Seite,

wir bleiben noch etwas hier.

 

Im Moment bist Du sicher noch beschäftigt, alle die du kanntest, die vor Dir gegangen sind, zu begrüßend und Dich dort oben einzurichten, doch sollten wir weiterhin Fragen an Dich haben, wird uns eine Antwort von dir sicher nicht verwehrt. 

 

Danke das du mein Vater warst,

Danke das ich deine Tochter sein durfte.

 

29.01.2011 


In unendlicher Liebe und Dankbarkeit,

für immer deine Petra

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Kommentare: 2
  • #1

    Andrea Stark (Montag, 01 Juni 2020 10:21)

    Liebe Petra,
    danke, dass du diese Rede an deinen Papa so öffentlich teilst!
    Mein Vater ist vor einem Jahr gestorben - und auch bei mir war meine Trauer - trotzt aller Vorbereitung auf seinen Tod - dann sehr heftig.
    Ich werde auch nochmal nachspüren, was er (und auch meine Mutter, dir bereits 2014 gestorben ist) mir mitgegeben hat, wofür ich dankbar bin.
    Als erstes fällt mir ein: Ich durfte alle Fragen stellen und nie war eine zu doof. So gut er konnte, hat er mir Antwort gegeben und auch gesagt, wenn er was nicht wusste.
    Und daher scheue ich mich auch heute noch nicht, einfach zu fragen - egal um was es geht - auch wenn ich damit andere manchmal verwirre...
    Herzliche Grüße
    Andre

  • #2

    Petra (Dienstag, 16 Juni 2020 10:47)

    Hallo liebe Andrea,

    es freut mich sehr, dass dir meine Abschiedsrede für meinen Papa gefallen hat.

    Es gibt Situationen die können wir im Vorfeld immer wieder durchspielen, uns in Gedanken darauf vorbereiten, doch wenn es soweit ist, kommt es oft anders wie gedacht. Doch die Vorbereitung auf den Tod, den Abschied für immer vor Augen zu haben, gibt uns auch die Möglichkeit zu sehen was wirklich wichtig ist im Leben und manchmal auch die Möglichkeit nicht gesprochenes zu bereinigen. So fällt es oft leichter, nach der Trauer wieder in die Freuden des Lebens einzutauchen, auch wenn der Schmerz erst mal überwältigend ist.

    Was dein Papa dir mitgegeben hat ist wirklich wunderbar. Etwas, was bestimmt einigen von uns das Leben erleichtern würde, wenn wir uns nur öfter zu fragen trauen. Danke für deinen Impuls, dem ich gerne nachspüren werde.

    Von Herzen liebe Grüße,
    Petra